Das Beispiel der Modemarke Thor Steinar zeigt, wie vertrackt die Rechtssprechung bezüglich des Zeigens extrem rechter Symbole im öffentlichen Raum ist: Da die im Thor Steinar-Logo verwendeten Runen (Tyr-Rune und Gibor-Rune) auch bei nationalsozialistischen Gruppierungen Verwendung gefunden hatten, begannen 2004 die Behörden im Bundesland Brandenburg das öffentliche Zeigen des Logos strafrechtlich zu verfolgen.

 

Die Bundesländer Sachsen- Anhalt und Berlin zogen nach und verbannten das Logo aus dem öffentlichen Raum. Im September 2005 hob das Oberlandesgericht Brandenburg dieses Verbot auf und begründete dies damit, dass nur wissende bzw. prüfende BetrachterInnen die verfassungswidrigen Zeichen im Logo sehen könnten. Sachsen-Anhalt behielt seine Rechtsauffassung jedoch bei, bis das Oberlandesgericht in Naumburg im Mai 2008 zu einem ähnlichen Schluss kam wie zuvor die Richter in Brandenburg. Nun war das Logo auch in Sachsen-Anhalt legal. Auch das Oberlandesgericht in Dresden sah im Dezember 2008 im Thor-Steinar-Logo kein verbotenes Nazisymbol sondern ein Phantasiezeichen und verwies auf den Leitspruch: Die Verbindung mehrerer – jeweils strafrechtlich relevanter – Kennzeichen (hier: Runen) zu einem neuen einheitlichen (Phantasie-)Zeichen (hier: früheres Thor-Steinar-Logo) erfüllt den Straftatbestand des §86a StGB nicht, wenn keines der verbotenen Kennzeichen besonders hervorsticht oder dominiert, sondern sie ihre Eigenständigkeit im Gesamtbild verlieren.

Für den juristischen Umgang mit extrem rechten Aussagen und Symbolen weist das deutsche Strafrecht zwei Paragrafen aus: §130 und §86a. Laut §130 liegt das Delikt Volksverhetzung u.a. vor, wenn jemand »die Menschenwürde anderer angreift, (wenn) er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet« oder »zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmassnahmen gegen sie auffordert«. Unter diesen Paragrafen fällt auch die Leugnung oder Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen.

 

Der §86a verbietet das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. »Kennzeichen (...) sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen«. Diesen »stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind« oder als deren Abwandlungen dienen. Ein Symbol, eine Uniform oder eine Grußformel ist im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) nur dann strafrechtlich relevant, wenn es vorsätzlich im Zusammenhang mit einer verbotenen Vereinigung verwendet wird.

 

Ein Symbol ist also nur dann verboten, wenn eine Gruppierung, die dieses Symbol benutzt, verboten ist. Demzufolge wurde das Zeigen des Keltenkreuzes, als Organisationskennzeichen der 1982 verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA), verfolgt. Zwanzig Jahre später vermochten einzelne Richter bei der Verwendung des Keltenkreuzes keine Wiederbelebung der VSBD mehr sehen, zumal ein Teil ihres Klientel beim VSBD-Verbot noch nicht einmal geboren war. Das Keltenkreuz öffentlich zu zeigen und zu tragen, war nun legal – bis das Oberlandesgericht in Nürnberg im Jahre 2004 diese Entscheidung wieder kippte.

 

Das Zeigen des Keltenkreuzes wird zumindest in Bayern strafrechtlich verfolgt. Bei öffentlichen Auftritten, zum Beispiel Aufmärschen, können Polizei und Ordnungsamt das Zeigen bestimmter legaler Symbole zur Abwehr »konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung« dennoch untersagen. Dies traf in der Vergangenheit u.a. das Zeigen der Reichskriegsfahne sowie die Verwendung von Namen und Marken mit der Buchstabenkombination »NS« für Nationalsozialismus.

 

Der Zusatz des §86a, wonach keine abgewandelten oder zum »Verwechseln ähnlichen« Symbole geschaffen werden dürfen, macht den §86a endgültig zum Gummiparagrafen – und er sorgt für Verwirrung in Exekutive und Legislative. Auch nachdem beispielsweise das Landgericht Frankfurt am Main in einem rechtskräftigen Urteil von 1999 die Verwendung des Grußes 88 als Ersatzhandlung für »Heil Hitler « mit Geldstrafe belegte, suchten die Behörden im schleswig-holsteinischen Neumünster vergeblich einen Weg, gegen den überregionalen Neonazi-Treffpunkt Club 88 vorzugehen.

Während die Polizei in Hessen dazu überging, auf Aufmärschen zielgerichtet die TrägerInnen von 88-T-Shirts herauszuholen, ließ sich ein süddeutscher Neonazi die Zahl 88 im Patentregister als Wort- und Bildmarke eintragen. Andere aus der Neonazi-Szene grüssen sich (sicherheitshalber) in den einschlägigen Magazinen mit »2x44« oder »87+1«. Und nun?

 

Quelle: www.dasversteckspiel.de