Dieser Text erschien Anfang August 2015 im "Hamburger Wochenblatt"

 

Die reetgedeckten Häusern heißen jetzt „Siedlung Oher Weg“

 

„Negerdorf“ – diese Bezeichnung stand für ein Kleinod am Oher Weg, das seit 1936 fast unbemerkt ein bescheidenes Dasein in Glinde fristet. Doch seit ein paar Monaten dürfen die Bewohner ihr Refugium mit den hübschen, reetgedeckten Häusern nun einfach „Siedlung Oher Weg“ nennen. „Das wurde auch Zeit,“ betonten die Bewohner des Ensembles aus sieben Häusern mit 24 Wohnungen, das kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs für Offiziere und Beamte des Heereszeugamtes errichtet wurde. Nachdem der Bund das Gelände Anfang der 1960er-Jahre von den Briten übernommen hatte, diente es ab 1969 erst als Unterkunft für die Bediensteten der Bundeswehr.

 

Nach Schließung des Depots und dem Verkauf an die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter (BGFG) 2003 wurden die Häuser dann Stück für Stück saniert. Das Ensemble steht unter Denkmalschutz. Der Name „Negerdorf“ wurde vom Volksmund geprägt und geht für die einen auf den schwarzblauen Tarnanstrich zurück, den die Siedlung bekommen hatte. Anderen erschien die Aufstellung der Gebäude mit Aufmarschplatz „wie ein Negerkral“, und die Strohdächer taten ein übriges. So ist es im Internet nachzulesen (www.glinde.de).

 

„Nicht mehr zeitgemäß“, fanden die Mitglieder der Bürgerinitiative „Glinde gegen Rechts“ und wurden tätig. Nach kurzer Recherche war klar, dass eine Änderung des Namens theoretisch leicht sein müsste, da die rassistische Bezeichnung nicht in die Denkmalschutzverordnung aufgenommen wurde. Gleichwohl dauerte es trotz elektronischer Briefwechsel mit dem Glinder Bürgermeister Rainhard Zug, der Baugenossenschaft freier Gewerkschafter als Besitzer und den Parteien noch fast ein halbes Jahr, bis endlich das neue Schild montiert wurde und die Bezeichnung „Negerdorf“ für immer getilgt wurde. (mn)